never say never

 

Das scheint ein ganz besonderer Freitag zu werden, in der Kanzlei ist Feierlaune angesagt, denn der eine Notar verabschiedet sich in den Urlaub, der andere hat eine richtig große Übergabe zu feiern, wo Lilly zum ersten Mal mitbekommt in welchen Dimensionen hier abgerechnet wird. Sie kommt dazu, wie das Kind zur Taufe und ist auch eingeladen zum Geburtstagfeiern.
"Ich dachte, sie sind Widder?", fragt sie nach, ohne ihn davon abbringen zu wollen. "Ja, genau deswegen. Ist mir gerade so eingefallen.", meint er beschwingt und heute kann er ja auch mit sich selbst zufrieden sein, denn es haben sich sehr große Zahlen bewegt und dies scheint selbst für Routinierte immer noch ein besonderes Erlebnis.
Selbst in damaligen Schilling wäre dies auch schon ein Siegeszug und in Euro erst. Lilly hätte auch gern mal eine Zahl mit so vielen Stellen am Konto. Auch ein kanzleifremder Anwalt mit Anzug und Krawatte treibt sich im Amt herum und in den Männerstimmen schwingt ein wenig Politikermelodie mit. Einer von uns hält es nun auch formell mit dunkelblauem Sakko, dass mit ziemlicher Sicherheit im Schrank in seinem Büro für solche Fälle bereithängt.
Lilly muss zwei Mal hinblicken, doch das hellblaue Tuch am Hals verrät den "Piraten" in ihm und sie ist beruhigt. Es läuft nach dem Prinzip 4 Augen lesen mehr als 2 und 4 Ohren hören mehr als 2 ab. Der Sinn von Zusammenschlüssen befreundeter Anwälte in einer Kanzlei hat sich heute gezeigt. "Ganz neue Seiten.", schmunzelt Lilly interessiert, aber vergräbt sich hinterm Bildschirm.
Da sie weder Kaffee trinkt, noch Kaffee gemacht hat, aber merkt, dass die Kolleginnen weg zur Post sind, Herr G. sich knapp vor der gewünschten Zeit noch nicht darum annimmt, will sie sich nützlich machen und probiert ihr Bestes in der Miniküche. "So. Auf jeden Fall brauchen wir heißes Wasser, einen Filter und Kaffee.". Es geht am Festtisch dann bei leckeren Erdbeer- und Marzipanschnitten weiter mit der Planung der Weihnachtsfeier, die, soviel Lilly raus hört, jedes Jahr wo anders stattfindet.
Deshalb können sich die Anwesenden auch nicht auf die nächste Location einigen und es wird wie beim demokratischen Wahlrecht einen Zauberhut geben, in den jeder drei Vorschläge einwirft und dann der weiße Hase rausgezogen wird. Der Notar schweift ab und erzählt von 7-gängigen Menüs, die ihn 700,- Euro kosteten, wo Lilly der Appetit gleich wieder vergeht, denn da würde sie lieber eine Woche Urlaub machen, aber ´Jedem das Seine´
"Er hat ja recht. Wer viel umsetzt auf der Insel sollte das Geld auch fließen lassen und ihm Gespräch bleiben, lohnt sich auf jeden Fall wie man sieht.". Die halbe Erdbeerschnitte schmeckt superlecker. Die Früchte hatten sogar noch einen fruchtigen Eigengeschmack. Leider verlässt das Gros der "Belegschaft" den Ort des Schalten, Walten und Amtierens und Lilly bekommt auch wieder Lust darauf, sich fein zu machen, in nettem Ambiente mit Freunden zu treffen, ein Glas leichten Wein, einfach plaudern und genießen...