im wartezimmer

 

 So, wie Lilly zuhause immer noch auf die Haustechnik und warmes Wasser beim Waschbecken im Bad wartet und sie inzwischen zum Zähneputzen in die Küche ausgewichen ist, wartet eine Mandantin im Wartezimmer. Sie hat sich ihre Jacke ausgezogen und spaziert auf und ab. Nachdem sie "behandelt" und beraten wurde, folgt sie Anwalt X auf Schritt und Tritt durch den langen Flur. Sie geht langsam, murmelt etwas vor sich dahin, bevor sie wieder hinter der Wartezimmertür verschwindet.

"Kommen sie dann zu uns?", fordert X wen auf. Sie guckt, ob da noch wer ist, außer ihr. So ganz geheuer ist ihr der Ton nicht mehr, seit ihr die Abireise für ihren Sohn in zwei Jahren vom Konto gerissen wurde, auf die sie eigentlich hingearbeitet hätte. "Was ist denn jetzt wieder, weniger Stunden geht nicht mehr, da kostet der Benzin mehr für die Anfahrt."

Man weiß nie so richtig, woran man ist, wenn man die Räume betritt, da sich den Tag über verschiedenste Stimmungen in den Nachmittag schleppen. Sie startet den Rechner, weil es in 4 Minuten 16:24 ist. Er kommt raus. "Ist da noch wer?". Er öffnet die Tür zum Warteraum. Da steht die langsame Mandantin immer noch drinnen. "Na, macht nichts. Ich kann es ihnen auch so sagen."

Er positioniert sich am Tresen und lange Rede kurzer Sinn: "Es geht um die Weihnachtsfeier. Die findet immer den letzten Donnerstag vor Weihnachten statt und da sollen sie auch dabei sein.". Wenn man den Worst Case erwartet, ist etwas Positives sehr angenehm zu Schlucken. "Ja? Mach ich gerne.". Sie freut sich und wartet auf ein ´Aber´. Er setzt an.

Lilly rechnet mit allem, was sie so aus den Elterngruppen von Gymnasium, Grundschule, Kindergärten, Krabbelgruppen und den Spielgruppen im Fitnesscenter kennt: Kuchen oder Kekse backen, Weihnachtsbazar aufbauen und Sterne uä. verkaufen den ganzen Tag, Weihnachtsbasteln, Spendentopf oder Garderobenaufsicht...

Sie lehnt sich zurück und ist bereit. "Wir wissen noch nicht, wohin es gehen wird. Wir bitten sie, drei Wünsche abzugeben bei Frau A.". Sie wartet. "Das wars? Sonst nichts? Kein Küchendienst oder Kostüme fürs Krippenspiel nähen?". Sie lächelt. "Ja, überlege ich mir sofort.". Sie greift zu einem der weißen, kleinen Notizzettel, die sie sich bereit gelegt hat, weil der Vater ihres Sohnes, wenn man etwas von ihm wollte, meist erwiderte, schreib es mir auf einen Zettel und sie das noch Jahrzehnte danach so handhabt, da sie bemerkt hat, es hilft multitaskingfähig zu bleiben, trotz verschiedenster Zurufe von allen Seiten.

Es fallen ihr genau 2 Lieblingslokale ein, wo sie sich auch alleine wohlfühlen würde und die Trüffelschaumsuppe neben der Pianobar bzw. die Ripperlplatte ´All u can eat´ an der besten Aussicht immer wieder bestellen würde. Sie notiert die beiden ohne dritte Option. Als sie merkt, dass sich der Kollege dafür interessiert und ihr Kärtchen woanders hinlegt, fragt sie nach seinen Favoriten. Eines davon verwendet sie als ihren dritten Tipp - als Wichtelgeschenk im Voraus sozusagen.